Immer mehr Texte und Bilder entstehen mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Die aktuellen Entwicklungen sorgen für viele Diskussionen, denn sie werfen grundlegende Fragen zu Kreativität, künstlerischem Schaffen und der Zukunft des Buchmarkts auf.
Wir haben vier Stimmen aus verschiedenen Bereichen der Buchbranche zum Thema Künstliche Intelligenz befragt:
Alexandra Rak, Übersetzerin
Bea Davies, Illustratorin
Martin Baltscheit, Autor
Anna Kindermann, Verlegerin
Alexandra Rak:
Will die Buchbranche mit KI-generierten Übersetzungen oder Texten ernsthaft ein System unterstützen, das auf dem größten Datenklau der Menschheitsgeschichte basiert? Wollen Leser:innen eine Sprache aus berechneten Wortfolgen, wo Sprache doch fasziniert, wenn sie unberechenbar ist? Damit alle wissen, was zwischen den Buchdeckeln steckt, her mit einem Buchsiegel Von Menschen für Menschen!
Bea Davies:
KI erstellte Bücher sind wie Junkfood der Buchbranche, vielleicht billig aber zweifellos schädlich. Die niedrige Qualität und Oberflächlichkeit der Inhalte füllen zwar die Buchregale, schenken aber kein wertvolles Material für die Entwicklung eines gesunden und kreativen Kindergehirns.
Martin Baltscheit:
In welchen Bereichen schadet KI der Buchbranche?
Im Augenblick würde ich sagen, nur in den Bereichen in denen individuelle Qualität keine Rolle spielt. Und da schadet sie nicht, sondern ersetzt das Gewöhnliche durch Banales.
Welche Gefahren und Risiken sehen Sie?
Mit der Erfindung des Autos haben wir den Autounfall erfunden. Mit der Erfindung des Flugzeugs den Flugzeugabsturz. Wollen wir deshalb auf Mobilität verzichten? Der Mensch bestimmt selbst über den Nutzen einer neuen Erfindung. Ich bin zuversichtlich.
Welche Auswirkungen hatte KI bisher auf Ihren beruflichen Alltag?
Ich recherchiere schneller und besser.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Berufs angesichts der aktuellen KI-Entwicklung?
Ich habe keine Angst um meine Zukunft als Schriftsteller/Illustrator. Die KI kann mir die Freude an der Arbeit ja nicht verbieten. „Made by humans“ wird bald ein Label sein,
je nach Qualität eines das auszeichnet oder abschreckt. Liegt an uns, oder? Und falls die KI witziger, humaner, einfallsreicher, erkenntnistiefer, inspirierend, ermutigend und beglückend schreibt und zeichnet – nehm ich! Aber noch sehe ich das nicht, und hinter zum Beispiel außergewöhnlichen KI-Bildern, steht noch immer ein außergewöhnlicher Prompter/Künstler. Aber vielleicht fragen Sie mich in 10 Jahren noch mal… 🙂
Anna Kindermann:
In welchen Bereichen schadet KI der Buchbranche? Welche Gefahren und Risiken sehen Sie?
KI stellt insbesondere im Bereich der Illustration und Textproduktion eine Herausforderung dar. Wenn Verlage auf kostengünstig generierte Bilder oder Texte zurückgreifen, kann das langfristig zu einem Qualitätsverlust führen – und gefährdet vor allem die Existenzgrundlage freischaffender Künstlerinnen und Autorinnen. Auch rechtliche und ethische Fragen sind noch nicht geklärt: Wem gehört ein KI-generiertes Bild? Und auf welchen Werken basiert es im Hintergrund? Der kreative Prozess lebt von Erfahrung, Haltung und Originalität – all das kann KI nicht ersetzen.
Welche Auswirkungen hatte KI bisher auf Ihren beruflichen Alltag?
Bisher eher indirekt: Wir beobachten die Entwicklungen genau – vor allem mit Blick auf Bildrechte, Marktveränderungen und neue Tools. Als kleiner, unabhängiger Verlag steht für uns die Zusammenarbeit mit echten Menschen im Mittelpunkt: Illustratorinnen, Autorinnen, Lektor*innen. Gleichzeitig nutzen wir KI punktuell als Werkzeug, etwa zur Texterstellung im Marketing, immer dort, wo sie unser Team entlastet – aber nie dort, wo sie kreative Arbeit ersetzt.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Berufs angesichts der aktuellen KI-Entwicklung?
Ich glaube fest daran, dass Bücher – gerade für Kinder – echte, menschlich geschaffene Geschichten und Bilder brauchen. Der Beruf der Verlegerin wird sich weiterentwickeln, vielleicht sogar an Profil gewinnen: Kuratieren, Haltung zeigen, Qualität sichern. In einer Zeit, in der Inhalte beliebig und schnell produzierbar sind, wird das Besondere, Handgemachte und Authentische umso wichtiger. Unsere Aufgabe wird es sein, Orientierung zu geben – und Räume für echte Kreativität zu bewahren.